Das globale Agrar- und Ernährungssystem wurde von Menschen geschaffen, um den Bedürfnissen von Menschen zu dienen. Das Agrar- und Ernährungssystem ist also auch, wenn nicht sogar in erster Linie, ein sozioökonomisches System. Die Schaffung von Mehrwert aus der Natur ist jedoch schwieriger geworden, da die sich beschleunigende Klimakrise und der ebenso beschleunigte Verlust der biologischen Vielfalt zusammenwirken und die seit langem etablierten Muster der Agrar- und Lebensmittelproduktion in Frage stellen.
Vor diesem Hintergrund erforschen wir in der Forschungsgruppe QUALITY 3 die Rolle des Gartenbaus für die wirtschaftliche Entwicklung und die Ernährungssicherheit. Dabei verwenden wir quantitative mikroökonomische Konzepte wie Ernährungssicherheit und Ernährungsvielfalt, Erhebungen und verhaltensexperimentelle Daten sowie multivariate mikroökonometrische Methoden.
Unsere Forschung konzentriert sich auf drei miteinander verbundene Themen:
Ernährungssicherheit in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten: Wir untersuchen die Ernährungssicherheit im Gartenbau anhand von Langzeitdaten, die detaillierte Informationen von Personen und Haushalten erfassen. Unser "Modell" ist die Life in Kyrgyzstan (LiK)-Studie, die am längsten laufende Panelstudie auf individueller Ebene in der ehemaligen Sowjetunion außerhalb Russlands. Wir haben zum Beispiel gezeigt, wie Gartenbauexporte die Ernährungssicherheit und das Einkommen der Haushalte beeinflussen.
Ernährungssicherheit und Lebensmittelauswahl: Wir gehen der Frage nach, wie sich Personen und Haushalte im Agrar- und Ernährungssektor verhalten und wie dieses Verhalten die Ernährungssicherheit verändert. Wir untersuchen diese Fragen anhand von groß angelegten Erhebungen und Verhaltensexperimenten im Labor unter Verwendung unserer eigenen mobilen EconLab-Forschungsinfrastruktur. So haben wir beispielsweise in vier afrikanischen Ländern während der Pandemie mit Hilfe von Daten aus Telefonumfragen aus der vom BMBF finanzierten Life with Corona-Africa-Studie negative Bewältigungsstrategien und massive Ernährungsunsicherheiten ermittelt.
Ernährungssicherheit in Krisensituationen: Wir analysieren die Wirksamkeit und die Auswirkungen von Hausgarten-Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern, insbesondere in Krisengebieten. Wir untersuchen auch, wie Nahrungsmittelhilfe und humanitäre Hilfe in Krisengebieten am besten bereitgestellt werden können, und arbeiten dabei mit Praxispartnern wie dem Welternährungsprogramm zusammen. Wir haben eine Reihe von Arbeiten in diesem Bereich veröffentlicht, z. B. über Haus- und Schulgarten-Maßnahmen in Nepal nach dem Erdbeben von 2015, die weder die Ernährungsgewohnheiten noch die Anämie der Kinder verändern konnten.
Unsere Forschung befasst sich daher mit grundlegenden mikroökonomischen Fragen zur Organisation und Leistungsfähigkeit von pflanzlichen Agrar- und Ernährungssystemen in einer sich wandelnden Welt. Wir adressieren damit die spezifischen IGZ-Herausforderungen zu Klimawandel, Biodiversität und Pestizidreduktion, gesunder Ernährung und Ernährungssicherheit sowie ressourceneffizienten Agrar- und Ernährungssystemenen.
Als Heisenberg-Professor leitet Tilman Brück das "Zero Hunger Lab", eine standortübergreifende Arbeitsgruppe zwischen der Humboldt-Universität zu Berlin und dem IGZ, die sich der empirischen Analyse von Ernährungssicherheit in Krisen- und Konfliktsituationen widmet. Das Zero Hunger Lab organisiert auch die jährlich stattfindende internationale Expert*innenkonferenz Fragile Lives.