Unerwartete Allianz unter der Erde: Nematoden begünstigen Kohlfliegenlarven

Pflanzenvermittelte Interaktionen zwischen zwei bodenbewohnenden Schadinsekten entdeckt

27.03.2025
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Ein mit Fuchsin gefärbter Wurzelknoten in den Feinwurzeln infizierter Ackersenfpflanzen, der einen juvenilen Nematoden enthält. Foto: IGZ/Axel J. Touw
Ein mit Fuchsin gefärbter Wurzelknoten in den Feinwurzeln infizierter Ackersenfpflanzen, der einen juvenilen Nematoden enthält. Foto: IGZ/Axel J. Touw

Werden Rübsen-Pflanzen von Wurzelgallennematoden befallen, verändern sie ihre Abwehrstrategie auf eine Weise, die unbeabsichtigt einem anderen unterirdischen Fraßschädling zugutekommt: der Kohlfliege. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie unter der Leitung eines IGZ-Forschungsteams, die in der März-Ausgabe von Plant Physiology veröffentlicht wurde. Mithilfe einer Kombination aus Bioassays und ökometabolomischen Analysen fanden die Forschenden heraus, dass Wurzelgallennematoden die chemischen Abwehrmechanismen der Pflanze verändern und damit ihre natürliche Resistenz gegen weitere Angreifer beeinflussen.

Axel Touw, Jessil Pajar, Nicole van Dam und Kolleg*innen stellten fest, dass fast 1,5-mal mehr erwachsene Kohlfliegen (Delia radicum) aus Rübsen-Pflanzen (Brassica rapa) schlüpften, die mit Wurzelgallennematoden (Meloidogyne incognita) infiziert waren, als aus nicht infizierten Pflanzen. Obwohl sich die Nematoden und Fliegen nicht direkt begegnen, zeigen die Ergebnisse der Studie, dass sie sich indirekt über die Pflanze, von der sie sich ernähren, gegenseitig beeinflussen können. Dieser Effekt hängt mit der chemischen Abwehr der Pflanze zusammen, insbesondere mit der Produktion bestimmter Glucosinolatklassen – schwefelhaltige Verbindungen, die für Kreuzblütler typisch sind. In den infizierten Pflanzen wurde eine erhöhte Produktion von Indol-Glucosinolaten festgestellt, während die Konzentration aliphatischer Glucosinolate – Verbindungen, die für die Entwicklung der Kohlfliege hemmend wirken – um 10 bis 25 % sank. Die Forschenden vermuten, dass eine antagonistische Wechselwirkung zwischen den Biosynthesewegen dieser Stoffe die Ursache für diese Verschiebung sein könnte.

„Unsere Studie zeigt, dass komplexe Wechselwirkungen zwischen unterirdischen, pflanzenfressenden Organismen die Chemie der Pflanzen erheblich verändern können“, sagt Dr. Axel Touw. „Solche indirekten Effekte könnten Schädlingsschäden in Nutzpflanzen verstärken oder abschwächen – ein hochrelevanter Aspekt für eine nachhaltige Landwirtschaft, insbesondere für Strategien des integrierten Pflanzenschutzes.“

Die Ergebnisse belegen, dass pflanzenvermittelte Wechselwirkungen zwischen bodenbewohnenden Organismen weitreichender sind als bisher angenommen. Da Wurzelgallennematoden in Böden sehr häufig vorkommen, gehören sie oft zu den ersten Organismen, die mit einer Pflanze in Kontakt treten. Durch die Veränderung der chemischen Abwehrmechanismen können diese Interaktionen die natürliche Resistenz der Pflanze gegen künftige Herbivoren beeinflussen – darunter auch Fraßschädlinge wie die Kohlfliege. Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung effektiverer Strategien für das Schädlingsmanagement beitragen, insbesondere in Agrarökosystemen mit mehreren Wurzelschädlingen.

Originalpublikation
Axel J Touw, Nhu Tran, Andreas Schedl, Jessil A Pajar, Cong Van Doan, Henriette Uthe, Nicole M van Dam, Root-knot nematode infection enhances the performance of a specialist root herbivore via plant-mediated interactions, Plant Physiology, 2025. DOI: https://doi.org/10.1093/plphys/kiaf109

Kontakt
Dr. Axel J. Touw | Wissenschaftler „Pflanzlich-biotische Interaktionen“| E-Mail  touw@igzev.de |
Tel. +49 (0) 33 701 7 8251
Julia Vogt, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | E-Mail presse@igzev.de | Tel. +49 (0) 33 701 78 163

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ)
Das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) e.V. ist ein Forschungsinstitut der Leibniz-Gemeinschaft und trägt mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen aus der Grundlagen- und Anwendungsforschung im Gartenbau zur Lösung aktueller globaler Herausforderungen bei. Dazu gehören der Erhalt der Biodiversität sowie die Bekämpfung des Klimawandels und eine immer noch weitverbreitete Fehlernährung. Das Institut wird gemeinschaftlich durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziert. Das IGZ hat seinen Sitz in Großbeeren.

Medien

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Bildunterschrift: Ein mit Fuchsin gefärbter Wurzelknoten in den Feinwurzeln infizierter Ackersenfpflanzen, der einen juvenilen Nematoden enthält.
Bildnachweis: IGZ/Axel J. Touw
Download: https://igzev.de/download_file/94c1eea4-9c32-4431-afdf-e81b569e3843/9
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